Der Arbeitnehmer kann arbeitsvertraglich nicht dazu verpflichtet werden, dem Arbeitgeber eine von diesem an einen Headhunter gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, so das BAG in seinem Urteil vom 20. Juni 2023, 1 AZR 265/22.
Dieser Rechtsprechung hat sich nunmehr das Verwaltungsgericht Lüneburg entgegengestellt, Urteil vom 02.05.2023, Az. 3 A 146/22. Geklagt hatte eine Spedition, die von der Gewerbeaufsicht dazu aufgefordert worden war, die zulässigen Höchstarbeitszeiten für die Mitarbeiter einzuhalten. Die Spedition beschäftigte unter anderem Mitarbeiter, die für die Überführung von Fahrzeugen zuständig waren. Dafür fuhren diese mit dem Taxi und der Bahn zum jeweiligen Abholort des Fahrzeugs und brachten es anschließend zum Zielort. Von dort fuhren sie sodann mit der Bahn zurück zu ihrem Wohnort. Die Spedition berief sich auf die Rechtsprechung des BAG, nach der Reisezeit per Bahn keine Arbeitszeit sei. Damit sei sie auch nicht für die Bestimmung der Höchstarbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zu berücksichtigen.
In dem entschiedenen Fall war das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch Vermitt-lung eines Headhunters zustande gekommen. Der Arbeitgeber hatte dem Headhunter hierfür eine Provision in Höhe von rund 4.500,00 Euro gezahlt. Eine weitere Zahlung in Höhe von ca. 2.200,00 Euro sollte nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit erfolgen. Der Arbeitnehmer seinerseits hatte sich im Arbeitsvertrag dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 14 Monaten vom Arbeitnehmer selbst aus „von ihm zu vertretenden Gründen“ beendet werde. Tatsächlich reichte der Arbeitnehmer schon nach zwei Monaten seine Kündigung ein. Der Arbeitgeber bestand auf die Rückzahlung der Vermittlungsprovision und behielt vom letzten Lohn ca. 800,00 Euro netto ein.
Dies akzeptierte der Arbeitnehmer nicht und klagte auf Auszahlung des einbehaltenen Betrages. Die Vorinstanzen und das BAG gaben dem Arbeitnehmer Recht: Die Vereinbarung im Arbeitsvertrag stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Diese benachteilige den Arbeitnehmer entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen, sodass die Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag unwirksam sei. Denn der Arbeitnehmer werde durch die Regelung in seinem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes im Sinne des Art. 12 GG beeinträchtigt. Begründete Interessen des Arbeitgebers, die dies rechtfertigen könnten, gebe es jedoch nicht. Vielmehr habe der Arbeitgeber grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich die finanzielle Aufwendung für die Mitarbeitergewinnung nicht rentiert, weil der Arbeitnehmer nach kurzer Zeit kündigt. Es bestehe daher kein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers, diese vergeblichen Aufwendungen auf den Arbeitnehmer abzuwälzen. Durch die Arbeitsplatzvermittlung erhalte der Arbeitnehmer auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.