Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat in seinem Urteil vom 06.05.2024 (Aktenzeichen: 4 Sa 446/23) festgestellt, dass eine von der Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung wegen des Verdachts auf Kokainkonsum am Arbeitsplatz eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Anlass des Rechtsstreits war ein Vorfall, bei dem ein bei einem Logistikunternehmen beschäftigter Kommissionierer – außerdem Betriebsratsmitglied – von einem Kollegen während der Arbeitszeit gesehen wurde, wie er an seinem Schreibtisch ein weißes Pulver zu einer Linie formte und sodann mit einem Röhrchen durch die Nase konsumierte. Auf Nachfrage der Arbeitgeberin teilte der Arbeitnehmer mit, es habe sich um Schnupftabak mit Traubenzucker gehandelt. Als die Arbeitgeberin daraufhin anbot, auf ihre Kosten einen Drogentest durchführen zu lassen, lehnte der Arbeitnehmer dies ab.
Daraufhin sprach die Arbeitgeberin die fristlose Kündigung aus – zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht bestätigte. Ebenso hatte zuvor erstinstanzlich das Arbeitsgericht Oldenburg entschieden. Das Landesarbeitsgericht stütze die Wirksamkeit der Kündigung auf den dringenden Verdacht, dass der Arbeitnehmer Kokain konsumiert habe. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Verdachtskündigung. Im Unterschied zur sogenannten Tatkündigung muss für eine Verdachtskündigung nicht beweisbar sein, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte Tat begangen hat. Ausreichend ist aus Arbeitgebersicht, dass der dringende Verdacht einer schweren Pflichtverletzung besteht, also dass objektive Tatsachen vorliegen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit nahelegen, dass eine schwere Pflichtverletzung begangen wurde. Der Arbeitgeber muss sodann alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um den Sachverhalt aufzuklären. Beides bejahten die Gerichte hier. Dadurch dass der Arbeitnehmer nicht erklären konnte, warum das Pulver, das er durch die Nase zog, überwiegend weiß war, und dadurch, dass er sich einem Drogentest verweigerte, erschien es, wenn auch zwar nicht bewiesen, dennoch aber sehr wahrscheinlich, dass es sich um Kokain handelte. Daher war der Arbeitgeberin das Fortsetzen des Arbeitsverhältnisses nicht länger zuzumuten. Das Risiko, dass ein Mitarbeiter durch Drogenkonsum am Arbeitsplatz Straftaten – wie den Besitz von Betäubungsmitteln – begeht, darf der Arbeitgeber durch fristlose Kündigung vermeiden.