Kündigung

Verbuchung von Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto

10.12.2024 -

Aktuelle Meldung Arbeitsrecht

Arbeitnehmer muss selbst über die Entstehung der Minusstunden entscheiden können

Minusstunden können auf einem Arbeitszeitkonto nur dann verbucht werden, wenn der Arbeitnehmer selbst über die Entstehung der Minusstunden entscheiden kann, so das Arbeitsgericht Gera in seinem Urteil vom 14.02.2024, Az. 1 Ca 87/23.

Im vorliegenden Fall war der Kläger bei der Beklagten in der Oberflächenbeschichtung tätig. Es galt eine Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit. Wegen der Corona-Pandemie und später aufgrund des Ukraine-Kriegs kam es zu einem verringerten Arbeitsaufkommen. Anstatt erneut Kurzarbeit anzuordnen, entschied die Beklagte, Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu verbuchen. Hiergegen wandte sich der Kläger und verlangte die Gutschrift der nicht gearbeiteten Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto.

Das Arbeitsgericht Gera gab dem Kläger Recht und verwies auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach besteht eine Pflicht zum Ausgleich nicht erbrachter Arbeitsleistung nur in engen Grenzen. Ohne spezielle arbeitsvertragliche oder betriebliche Regelungen gelte dies auch bei verstetigter Vergütung nur dann, wenn der Arbeitnehmer selbst über die Lage seiner Arbeitszeit entscheiden könne. Eine Ausgleichspflicht entfällt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber die Entgegennahme der Arbeit ausdrücklich ablehnt.

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass der Kläger nicht selbstständig über das Entstehen der Mi-nusstunden entscheiden konnte, da sein Arbeitszeitrahmen von seinem Vorgesetzten festgelegt wurde. Zudem sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, die Arbeitszeit des Klägers einseitig zu verkürzen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit berufen, da diese ausdrücklich die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung flexibler Arbeitszeitregelungen vorsah, was hier nicht gewahrt war. Eine formlose Erklärung des Betriebsrats reiche nicht aus.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera zeigt, dass das Recht zur Festlegung von Minusstunden enge Grenzen gesetzt sind und der Arbeitgeber im Falle von Kurzarbeit oder Arbeitszeitverkürzung auf die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats achten muss. Auch eine informelle Zustimmung des Betriebsrats reicht nicht aus, wenn eine formelle Betriebsvereinbarung erforderlich ist.

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