Erhalten Vollzeitbeschäftigte für die Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit Überstundenzuschläge, so haben auch Teilzeitbeschäftigte hierauf einen Anspruch, wenn sie ihre vereinbarte Teilzeitarbeitszeit überschreiten. Dies hat der EuGH in seinem Urteil vom 19.10.2023, C-660/20, entschieden. Eine Ausnahme könne es nach dem EuGH nur dann geben, wenn die Ungleichbehandlung durch objektive Faktoren wie etwa zusätzliche gesundheitliche Belastungen gerechtfertigt sei.
Hintergrund der Entscheidung ist eine Vorlagefrage des BAG, das über die Klage eines Piloten zu entscheiden hatte. Dieser arbeitete seit einigen Jahren auf einer 90%-Stelle. Seine Grundvergütung war dementsprechend um 10 % im Vergleich zu den Vollzeitbeschäftigten herabgesetzt. Für die Arbeitszeitreduzierung erhielt er 37 zusätzliche freie Tage im Jahr, an seinen Einsatztagen selbst waren die zu leistenden Flugdienststunden jedoch nicht reduziert.
Der Tarifvertrag sah vor, dass Arbeitnehmer Zuschläge für die Ableistung von Überstunden erhielten, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Flugdienststunden im Monat überschritten hatten. Diese zu überschreitenden Anzahl an Gesamtstunden war jedoch für Vollzeitbeschäftigte wie Teilzeitbeschäftigte gleich hoch. So sah der Tarifvertrag beispielsweise eine Grenze von 106 Stunden für Kurzstreckenflüge und von 93 Stunden für Langstreckenflüge vor. Der Kläger musste Überstunden leisten, überschritt dabei jedoch die genannten Grenzen nicht. Er war der Auffassung, dass ihm die Überstundenzuschläge trotzdem bei Überschreitung seiner persönlichen Arbeitszeit zustehen.
Der EuGH stimmte dieser Ansicht zu. Er entschied, dass eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten vorliege, wenn die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft ist, dass dieselbe Zahl an Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird.
Hierfür maßgeblich sei, dass die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Beschäftigung die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie Vollzeitbeschäftigte. Um eine Überstundenvergütung zu erhalten, müssten die Teilzeitbeschäftigten jedoch deutlich länger arbeiten und würden dadurch stärker belastet. Eine solche Ungleichbehandlung könne nur durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt werden. Dieser könnte dann gegeben sein, wenn eine zusätzliche gesundheitliche Belastung erst ab der Überschreitung einer bestimmten Zahl an Arbeitsstunden eintrete. Eine solche Ausnahme sah der EuGH im vorliegenden Fall jedoch nicht.